Die Bab-e-'Ali-Bewegung: Eine religiöse Erweckungsbewegung im Iran des 19. Jahrhunderts

Der 19. Jahrhundert war eine Zeit tiefgreifender Veränderungen für den Iran. Nach Jahrhunderten relativer Isolation begann das Land, sich dem Einfluss der westlichen Mächte zu öffnen. Diese Begegnung mit neuen Ideen und Technologien löste sowohl Aufregung als auch Angst aus. Viele Iraner fühlten sich von den rasanten Entwicklungen überfordert und suchten nach Halt in ihren religiösen Traditionen.
In diesem Klima des Wandels entstand die Bab-e-‘Ali-Bewegung, eine religiöse Erweckungsbewegung, die das iranische Gesellschaftssystem nachhaltig beeinflussen sollte.
Ursprünge der Bewegung
Die Bab-e-‘Ali-Bewegung wurde in den 1840er Jahren von einem jungen Mann namens Siyyid ‘Alí Muhammad Shirazí gegründet, der sich selbst als „Bab“ („Tor“) zu Gott bezeichnete. Der Bab verkündete eine neue Offenbarung Gottes und erklärte, dass seine Lehren die Grundlage für eine neue Ära in der Geschichte der Menschheit bilden würden. Seine Botschaft betonte die Einheit aller Religionen, die Gleichberechtigung von Mann und Frau und die Abschaffung von Vorurteilen und Ungleichheit.
Verbreitung der Lehre
Die Botschaften des Bab verbreiteten sich schnell durch den Iran, angetrieben durch die Begeisterung seiner Anhänger, die als „Babis“ bekannt wurden. Die Bewegung fand besonders Anklang bei Menschen aus allen Gesellschaftsschichten, die nach einer spirituellen Erneuerung suchten und sich von den gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten ihres Landes gestresst fühlten.
Opposition und Verfolgung
Die Bab-e-‘Ali-Bewegung stieß jedoch auf heftigen Widerstand von Seiten der traditionellen religiösen Führer des Iran. Die schiitische Klerikerschaft sah in der neuen Lehre eine Bedrohung für ihre Machtposition und verurteilte den Bab als Ketzer. Auch die iranische Regierung, unter dem Einfluss der Kleriker, reagierte mit Verfolgung und Unterdrückung.
Viele Babis wurden gefangen genommen, gefoltert und hingerichtet. Der Bab selbst wurde 1850 in Täbris öffentlich erschossen. Trotz dieser brutalen Verfolgung gelang es der Bewegung jedoch, sich zu verbreiten und einen nachhaltigen Einfluss auf die iranische Gesellschaft auszuüben.
Der Übergang zum Bahaitum
Nach dem Tod des Bab übernahm sein Schüler Baháʼu’lláh (1817-1892) die Führung der Bewegung. Er verkündete, dass er der von Gott vorhergesagte „Verheißung“ sei und die Botschaft des Bab fortführe.
Baháʼu’lláh entwickelte die Lehre des Bab weiter und gründete eine neue Religion: das Bahaitum. Die baháʼí-Lehren betonen den Wert der Einheit aller Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, Religion oder ethnischen Zugehörigkeit. Das Bahaitum lehrt die Notwendigkeit einer globalen Gemeinschaft, in der Friede, Gerechtigkeit und Gleichberechtigung herrschen.
Langfristige Auswirkungen
Die Bab-e-‘Ali-Bewegung hatte einen tiefgreifenden Einfluss auf den Iran und die Region. Sie trug zur Verbreitung moderner Ideen wie Gleichheit und soziale Gerechtigkeit bei und ebnete den Weg für den Aufstieg des Bahaitum.
Trotz der Verfolgung durch die iranische Regierung konnten sich die Lehren des Bab und Baháʼu’lláh über den Iran hinaus ausbreiten und eine weltweite Gemeinschaft von Gläubigen gewinnen.
Zentrale Lehren | Bab | Baháʼu’lláh |
---|---|---|
Einheit Gottes | Ja | Ja |
Einheit der Menschheit | Ja | Ja |
Gleichberechtigung der Geschlechter | Ja | Ja |
Abschaffung von Vorurteilen | Ja | Ja |
Bildung und Wissenschaft | Ja | Ja |
Weltfrieden | Ja | Ja |
Heute zählt das Bahaitum zu den schnellstwachsenden Religionen der Welt. Die Geschichte der Bab-e-‘Ali-Bewegung ist ein eindrückliches Beispiel für die Macht von religiösen Ideen, gesellschaftliche Strukturen zu verändern und zur Entstehung neuer spiritueller Bewegungen beizutragen.